Am 26. Februar 2025 hat die EU-Kommission im Rahmen des ersten Omnibus-Pakets zwei Richtlinienvorschläge zu Änderungen an diversen europäischen Rechtsakten veröffentlicht, die insbesondere die Nachhaltigkeitsberichterstattung betreffen. Der „Omnibus 1“ ist der Auftakt mehrere Omnibus-Pakete mit dem Ziel, Unternehmen von Bürokratie zu entlasten und regulatorische Vorgaben zu vereinfachen.
Vorgeschlagene Änderungen der Nachhaltigkeitsberichterstattung nach der CSRD
Die „Stop-the-Clock“-Richtlinie verschiebt den Erstanwendungszeitpunkt zur Nachhaltigkeitsberichterstattung um zwei Jahre für Unternehmen der „zweiten Berichtswelle“. Das betrifft große Unternehmen ohne Kapitalmarktorientierung, die nach der CSRD ursprünglich ab dem Geschäftsjahr 2025 berichten sollten. Auch für kapitalmarktorientierte kleine und mittlere Unternehmen (KMU) der „dritten Berichtswelle“, die ursprünglich ab dem Geschäftsjahr 2026 berichtspflichtig gewesen wären, gilt eine zweijährige Verschiebung.
Für große, kapitalmarktorientierte Unternehmen mit mehr als 500 Arbeitnehmern – die „erste Berichtswelle“ – bleibt es bei der bisherigen Regelung. Da die CSRD 1.0 aufgrund des Bruchs der Ampelregierung im Jahre 2024 nicht in deutsches Recht umgesetzt wurde, müssen diese Unternehmen für das Geschäftsjahr 2025 indes noch eine nicht finanzielle Erklärung nach der Non-Financial Reporting Directive (NFRD) erstellen.
Mit der zweiten Änderungsrichtlinie COM(2025) 81 soll der Kreis der Berichtspflichtigen deutlich reduziert werden: Demnach soll der Anwenderkreis auf große Unternehmen und Konzerne mit mehr als 1000 Arbeitnehmern unabhängig jedweder Kapitalmarktorientierung beschränkt werden. Insofern ist vorgesehen, dass kapitalmarktorientierte KMU sowie Unternehmen und Konzerne mit weniger als 1000 Arbeitnehmern nicht mehr zur Nachhaltigkeitsberichterstattung verpflichtet sind. Das führt im Ergebnis dazu, dass ein Großteil der Unternehmen der zweiten Berichtswelle sowie alle kapitalmarktorientierten KMU der dritten Berichtswelle nicht mehr in den Anwendungsbereich der CSRD fallen. Aber auch große Unternehmen und Konzerne von öffentlichem Interesse würden nach Umsetzung der vorgesehenen Regelungen nicht mehr unter die Berichtspflichten der CSRD fallen, sofern diese im Jahresdurchschnitt weniger als 1000 Arbeitnehmer aufweisen. Die neuen Schwellenwerte sollen ab dem Geschäftsjahr 2027 gelten.
Die Änderungsrichtlinie COM(2025) 81 sieht zudem eine inhaltliche Überarbeitung des ersten Satzes der ESRS vor, welche die Inhalte der Nachhaltigkeitsberichterstattung nach der CSRD regeln. Ziel ist es, die Komplexität der Berichtsinhalte zu verringern und die Anzahl der relevanten Datenpunkte deutlich zu reduzieren. Ein Entwurf dazu wird für Mitte Mai bis Juli 2025 erwartet. Die Veröffentlichung und öffentliche Konsultation ist für August und September geplant.
Für Unternehmen und Konzerne, die durch die Änderungen nicht mehr unter die Berichtspflicht nach der CSRD fallen, plant die EU-Kommission, einen neuen freiwilligen Berichtsstandard auf Basis des „Voluntary Sustainability Reporting Standard for non-listed small and mediumsized enterprises“ (VSME) zu erarbeiten. Diese freiwillige Nachhaltigkeitsberichterstattung wird künftig besonders an Relevanz gewinnen. Die neue EU-Änderungsrichtlinie COM(2025) 81 führt eine sogenannte „Value-Chain-Cap“ ein, die verhindert, dass sich Berichtspflichten endlos durch die Lieferkette fortsetzen („Trickle-Down-Effekte“). Konkret bedeutet das: Berichtspflichtige Unternehmen und Konzerne können von kleineren Partnern in ihrer Wertschöpfungskette – solchen mit weniger als 1000 Arbeitnehmern – nur noch die Informationen einfordern, die künftige freiwillige Standards verlangen werden. Für kleinere Unternehmen wird es daher wichtig, sich schon jetzt mit den Anforderungen der freiwilligen Berichterstattung zu beschäftigen. Eine durchdachte freiwillige Berichterstattung verschafft dabei klare Vorteile: Die Unternehmen können Anfragen von Banken, Versicherungen, Investoren, Lieferanten oder Kunden standardisiert und effizient beantworten. Statt auf jeden individuellen Informationswunsch einzeln zu reagieren, verweisen sie auf ihren freiwilligen Nachhaltigkeitsbericht und nutzen dabei die neue Value-Chain-Cap als Schutz vor übermäßigen Datenanfragen. Das spart Zeit und Ressourcen. Darüber hinaus stärkt eine freiwillige Berichterstattung die Wettbewerbsfähigkeit und Arbeitnehmerattraktivität und mindert Reputationsrisiken.
Beim Thema Prüfung der Nachhaltigkeitsberichterstattung bleibt die EU pragmatisch: Die ursprünglich geplante Verschärfung der Prüfungssicherheit auf „hinreichende Sicherheit“ wurde mit der Änderungsrichtlinie COM(2025) 81 wieder zurückgenommen. Es bleibt bei der weniger aufwendigen Prüfung mit „begrenzter Prüfungssicherheit“.
Vorgeschlagene Änderungen der EU-Taxonomie-Verordnung
Ferner soll die Berichterstattung nach der EU-Taxonomie-Verordnung deutlich vereinfacht werden. Die EU-Kommission plant, den Kreis der nach Artikel 8 berichtspflichtigen Unternehmen erheblich zu verkleinern: Künftig müssen nur noch Unternehmen berichten, die sowohl unter die neue CSRD-Berichtspflicht fallen als auch einen Jahresumsatz von mehr als 450 Millionen Euro erzielen. Unternehmen mit weniger als 450 Millionen Euro Umsatz können hingegen freiwillig berichten. Die Spezifizierung der Inhalte für diese freiwillige Berichterstattung regelt die EU über separate delegierte Rechtsakte.
Zusätzlich führt die EU einen „finanziellen Wesentlichkeitsgrundsatz“ ein. Das bedeutet: Unternehmen müssen nur noch über die Wirtschaftsaktivitäten berichten, die tatsächlich wesentlich sind. Als Faustregel gilt dabei grundsätzlich eine Zehn-Prozent-Schwelle – erst wenn eine Wirtschaftsaktivität mehr als zehn Prozent des Umsatzes, der Investitionsausgaben (CapEx) oder Betriebsausgaben (OpEx) ausmacht, wird sie berichtspflichtig.
Parallel dazu vereinfacht die EU auch die Anforderungen an die Berichterstattung: Die umfangreichen Meldebögen werden deutlich reduziert und die komplexen „Do-Not-Significant-Harm-Kriterien“ (DNSH-Kriterien) werden vereinfacht.
Die in der „Stop-the-Clock“-Richtlinie bereits beschlossenen Verschiebungen der CSRD-Berichtspflichten wirken sich auch auf die Taxonomie aus, da beide Regelwerke miteinander verknüpft sind. Die neuen Taxonomie-Vereinfachungen treten zum 1. Januar 2026 in Kraft und gelten damit bereits für Geschäftsjahre, die ab dem 1. Januar 2025 beginnen.
Nächste Schritte im Gesetzgebungsprozess
Die „Stop-the-Clock“-Richtlinie ist bereits am 17. April 2025 in Kraft getreten und muss bis Ende 2025 von den EU-Mitgliedstaaten in der nationalen Gesetzgebung umgesetzt werden. Die vorgeschlagenen Änderungen der Richtlinie COM(2025) 81 durchlaufen derzeit noch den europäischen Gesetzgebungsprozess unter Beteiligung des Europäischen Parlaments und des Rats der EU. Um für deutsche Unternehmen Rechtswirkung zu erlangen, müssen die Regelungen und entsprechenden Änderungen danach ebenfalls in nationale Gesetze umgesetzt werden.
Ausblick und Handlungsempfehlungen
Unternehmen und Konzerne sollten den durch das erste Omnibus-Paket zur Nachhaltigkeit erlangten zeitlichen Vorsprung nutzen, um sich schon jetzt optimal auf die Anforderungen vorzubereiten.
Insbesondere Unternehmen und Konzerne der zweiten Berichtswelle sind derzeit von den Änderungen des ersten Omnibus-Pakets betroffen. Durch die Verschiebung des Erstanwendungszeitpunkts der CSRD haben diese nun die erforderliche Zeit, um die notwendigen Prozesse und internen Kontrollen für eine solide Nachhaltigkeitsberichterstattung zu etablieren. Priorität haben die Wesentlichkeitsanalyse und der Aufbau solider Datenstrukturen. Wachstumsstarke Unternehmen und Konzerne sollten dabei die Berichtsgrenzen im Blick behalten. Besonders für wachstumsstarke Unternehmen und Konzerne ist es essenziell, die starren CSRD-Berichtsgrenzen im Blick zu behalten, um sich frühzeitig auf die kommenden Berichtsanforderungen vorzubereiten.
Unternehmen und Konzerne, die voraussichtlich nicht mehr unter die bisherige CSRD-Berichtspflicht fallen, sollten dennoch die freiwilligen Berichtsstandards anwenden und die Berichterstattung prüfen lassen. Hierdurch werden nicht nur die Anforderungen innerhalb der Wertschöpfungskette, insbesondere von Banken und Versicherungen erfüllt, sondern es werden vor dem Hintergrund des Value-Chain-Cap auch zeit- und kostenaufwendige Einzelanfragen von Stakeholdern vermieden. Darüber hinaus wird hierdurch den gesteigerten Markterwartungen entsprochen, und es können wichtige Wettbewerbsvorteile gesichert werden. Ein weiterer Vorteil besteht darin, dass implementierte Prozesse sich oft leichter nach ISO-Standards zertifizieren lassen. Überdies erhöht eine Prüfung der freiwilligen Berichterstattung deren Glaubwürdigkeit und Verlässlichkeit und stärkt zudem das Vertrauen der Stakeholder in ein Unternehmen.




