Kathrin Köhler ist seit 2023 Chief Sustainability Officer und Menschenrechtsbeauftragte für den ARAG Konzern. Sie absolvierte nach dem Abitur zunächst eine Ausbildung zur Bankkauffrau und Finanzassistentin bei der Dresdner Bank AG Friedrichshafen. Anschließend studierte Sie Rechtswissenschaften in Leipzig, absolvierte ihr Referendariat unter anderem an der Deutschen Botschaft in Lima/ Peru und legte beide Staatsexamen ab. Köhler arbeitet seit 2004 für das Düsseldorfer Familienunternehmen, zunächst als Rechtsanwältin für eine Tochterfirma. Seit 2013 ist sie im Bereich Konzernkommunikation & Marketing tätig und baute dort den Bereich Sustainability & Corporate Responsibility auf. Ihr besonderes Engagement gilt dem Thema soziale Nachhaltigkeit, vor allem der Chancengerechtigkeit beim Zugang zu Bildung für Kinder und Jugendliche und der Durchsetzung ihrer Rechte.

Frau Köhler, Zugang zu Recht steht im Mittelpunkt von ARAGs Handeln. Was bedeutet das konkret für Ihre Nachhaltigkeitsstrategie?

Kathrin Köhler: Die Gründungsidee der ARAG vor 90 Jahren „Chancengerechtigkeit beim Zugang zum Recht“ deckt den SDG 16 der Vereinten Nationen mit ab. Diese Gründungsidee treibt uns nach wie vor in unserer täglichen Arbeit an. Sie ist unser Geschäftsmodell und Teil unserer Unternehmensleitlinien, der ARAG Essentials. Unsere Nachhaltigkeitsstrategie fußt unmittelbar auf dieser Unternehmens DNA. ESG bedeutet für uns daher auch immer soziale Nachhaltigkeit.

Sie haben 2024 eine langfristige Partnerschaft mit UNICEF Deutschland gestartet und unterstützen das „Kinderrechteschulen Programm“. Über 15.000 Kinder nehmen bereits teil. Was ist das Ziel des Programms, und was war für ARAG der Auslöser, sich gerade hier zu engagieren?

Kathrin Köhler: Mit dem Programm unterstützt UNICEF Deutschland Bildungsministerien und Schulen dabei, ihre pädagogische Praxis an der UN-Kinderrechtskonvention auszurichten. Ziel ist es, die Kinderrechte nachhaltig und systematisch an Schulen zu verankern und das Wissen über Kinderrechte und ihre Verwirklichung zum Teil des Unterrichts- und Schulentwicklungsprozesses zu machen. Als weltweit größter Rechtsschutzanbieter sind der Schutz und die Stärkung von Kinderrechten sowie die Chancengerechtigkeit bei Zugang und Teilhabe an Bildung für uns ein elementares Anliegen. Wir sind stolz darauf, dass wir als Partner dazu beitragen können, dass Kinderrechte fester Bestandteil des Bildungssystems werden.

Das Kinderrechteschulen Programm richtet die pädagogische Praxis an der UN-Kinderrechtskonvention aus. Welche konkreten Veränderungen erleben Sie in den Schulen, die bereits teilnehmen?

Kathrin Köhler: Kinder erleben durch das Kinderrechteschulen Programm echte Teilhabe durch die Möglichkeit der aktiven Mitgestaltung. Konfliktlösungskompetenzen werden erlernt und dann direkt angewendet; sei es beim Fußballspiel im Schulsport oder eben im Kinderparlament. Das vermittelt das Gefühl, gehört und respektiert zu werden, auch wenn wir nicht alle immer einer Meinung sind. Darum geht es letztlich in einer lebendigen Demokratie.

Sie haben zum 75. Geburtstag des Grundgesetzes das Vorlesebuch „Der allerbeste Spielplatz der Welt“ zusammen mit Martin Baltscheit veröffentlicht. Das Buch erklärt die Verfassung über elf Spielplatz Geschichten – wie kam es zu diesem kreativen Ansatz?

Kathrin Köhler: Wir können stolz auf unsere Verfassung sein, die auch nach 75 Jahren unglaublich modern ist und als Grundlage für den Erhalt der Demokratie und den Zusammenhalt unserer vielfältigen Gesellschaft trägt. Uns kam daher die Idee, ausgewählte Grundrechte kindgerecht aufzubereiten und zu illustrieren. Wir wollten insbesondere Kindern das Thema frühzeitig vermitteln helfen. Nur das, was man kennt und liebt, ist man auch bereit, zu schützen. Entstanden ist dann dieses besondere Geburtstagsgeschenk.

Die Kinderrechtsarbeit ist ein wichtiger Baustein. Darüber hinaus: Welche gesellschaftlichen Entwicklungen beobachten Sie beim Thema „Zugang zu Recht“, und wie reagiert ARAG darauf?

Kathrin Köhler: Die Menschen sind globalen Polykrisen ausgesetzt, die parallel stattfinden. Das verunsichert die Menschen. Die Konfliktbereitschaft steigt dadurch. Der Fokus unserer Kunden verschiebt sich dabei von der passiven Wohlstandsabsicherung hin zum Aufbau aktiver privater und persönlicher Widerstandsfähigkeit. Aus einem früheren Schutzbedürfnis wird der Wunsch nach aktiver Resilienz. Hier helfen wir unseren Kunden, gehört zu werden, was ihnen ohne entsprechende finanzielle Mittel so nicht gelingen würde. Wir sind davon überzeugt, dass wir so Teilhabe ermöglichen und auch das Vertrauen in den Rechtsstaat stärken.

Sie sind Rechtswissenschaftlerin und arbeiten heute als Chief Sustainability Officer. Wie hat Ihre juristische Ausbildung Ihren Blick auf Nachhaltigkeit und gesellschaftliche Verantwortung geprägt?

Kathrin Köhler: Als Jurist lernt man, komplexe Sachverhalte zu erfassen, Problemstellungen zu identifizieren, zu analysieren und Lösungen zu entwickeln. Die Regulatorik im Bereich Nachhaltiger Transformation ist umfangreich und ändert sich permanent. Da hilft es schon, das Handwerk gelernt zu haben. Regulatorik ist auch grundsätzlich wichtig. Klare Rechtsnormen und Compliance-Vorschriften tragen letztlich auch zur Rechtssicherheit bei. Ein gewisses Gespür für Fairness, Gerechtigkeit und Verhältnismäßigkeit helfen natürlich auch, wenn es darum geht, gesellschaftliche Verantwortung zu übernehmen und eine klare Haltung zu definieren.

ARAG ist ein Familienunternehmen. Inwiefern ermöglicht Ihnen diese Struktur, langfristig in Demokratie und Rechtsstaatlichkeit zu investieren – auch jenseits kurzfristiger Renditeerwartungen?

Kathrin Köhler: Als Familienunternehmen ist uns unsere Unabhängigkeit sehr wichtig. Flache Hierarchien ermöglichen hohe Flexibilität, das heißt wichtige Entscheidungen können schnell getroffen werden. Das hilft uns im Geschäft. Das gilt auch für den Einsatz von Mitteln für Projekte, die beispielsweise die Demokratie Bildung und damit den Erhalt der Rechtsstaatlichkeit fördern. Als Familienunternehmen sind wir immer eine Wertschöpfungs- und Wertegemeinschaft. Ich finde, damit arbeiten wir sehr erfolgreich.

Einblicke in die Partnerschaft für Demokratie: Christian Schneider (Vorsitzender der Geschäftsführung UNICEF Deutschland), Klaus Heiermann (Vorstandsmitglied ARAG), Kathrin Köhler (CSO ARAG) und Moderatorin Julia Encke (v.l.n.r.) beim Deutschen Marken Summit 55 // Quelle: Jonas Ratermann

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