Die Coronapandemie eröffnete neue räumliche Arbeitswelten. Was über Jahrzehnte nur Randphänomene waren, wurde plötzlich Alltag: Homeoffice und mobiles Arbeiten an (fast) beliebigen Orten („Third Places“) waren gang und gäbe. Nun ist die Pandemiezeit vorüber, aber die Menschen kehren nur zögerlich und unregelmäßig in die Büros zurück. Homeoffice und Mobile Work werden bleiben, auch wenn Unternehmen rechtlich grundsätzlich befugt wären, die Mitarbeitenden dauerhaft zurück in die Büros zu rufen. Dies entspricht allerdings nicht dem Zeitgeist. Eine interne Umfrage unter den deutschen Mitarbeitenden einer großen internationalen Wirtschaftsprüfungsgesellschaft ergab, dass die Vollzeit-Mitarbeitenden im Schnitt nur 2,5 Tage pro Woche im Büro verbringen möchten. Das bedeutet faktisch, dass bei entsprechender Anwesenheitsverteilung nur noch 50 Prozent der Büroplätze notwendig wären. Was aber machen wir mit den leeren Flächen?
Ökonomisch und ökologisch können wir uns keine ungenutzten Büroflächen leisten. Die Bau- und Gebäudewirtschaft macht rund 40 Prozent des globalen CO2-Ausstoßes aus. Die leeren Flächen sind nicht nachhaltig, sie sind teuer und unattraktiv. Wer arbeitet gern allein in leeren Büros? Die Menschen möchten zwar nicht gänzlich auf den persönlichen Kontakt zu Kolleginnen und Kollegen verzichten, aber wir werden sie nicht zurück ins Büro zwingen können. Vielmehr gilt es, die richtigen Anreize für eine Rückkehr zu schaffen. Wer ins Büro kommt, soll dies auch ernsthaft wollen.
Ökologische Notwendigkeit, hohe Gebäude- und Energiekosten und Arbeitgeberattraktivität erfordern, dass Arbeitsplätze flexibel wählbar und die Büroflächen kleiner und attraktiver werden müssen. Hierzu geben wir folgende Empfehlungen:

// Die Mitarbeitenden sollten die Möglichkeit haben, ihren Arbeitsplatz zwischen Homeoffice, Büro und sogenannten Third Places zu wählen. Eine entsprechende arbeitsvertragliche Gestaltung ermöglicht dennoch, die Mitarbeitenden bei Bedarf ins Büro zu rufen. Nach dem in § 106 GewO normierten Direktionsrecht ist der Arbeitgeber berechtigt, den Ort der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher zu bestimmen. Das schließt in einer Abwägung auch seine Interessen mit ein – mögen es persönliche Teammeetings, punktuelle logistische Zwänge oder auch Leistungsdefizite bei einzelnen Mitarbeitenden sein. Denkbar wäre gleichermaßen ein zeitlich eingeschränktes Wahlrecht, wonach zum Beispiel an zwei (gegebenenfalls festen) Tagen pro Woche im Büro zu arbeiten wäre.
// Ins Homeoffice oder zu Mobile Work an einem beliebigen Ort zwingen kann man die Mitarbeitenden allerdings nicht. Sie müssen einverstanden sein. Gleiches gilt für die Arbeitgeberseite: Homeoffice und Mobile Work beim Arbeitgeber erzwingen kann auch der Mitarbeitende nicht. Es gibt in Deutschland bis heute keinen gesetzlichen Anspruch auf Arbeit im Homeoffice oder Mobile Work. Die flexible Wählbarkeit des Arbeitsplatzes bleibt ein freiwilliges Angebot des Arbeitgebers.
// Arbeitgeber können entscheiden, Büroflächen zu verkleinern oder in funktionsbezogene und attraktivere Arbeitszonen umzuwidmen. Dem stehen keine arbeitsvertraglichen Rechte der Mitarbeitenden entgegen. Mitarbeitende haben nur Anspruch auf einen funktionsfähigen, aber keinen spezifischen Arbeitsplatz.
// Zur besseren Planung der Besetzung der (verringerten) Büroarbeitsplätze können elektronische Buchungssysteme genutzt werden. Diese ermöglichen vorab die Reservierung der verfügbaren Arbeitsplätze. Sollten die Arbeitsplätze nicht ausreichen, wäre dies das Risiko des Arbeitgebers. Der Arbeitgeber muss dennoch den Lohn zahlen. Ein detailliertes Raumkonzept für ausreichend Arbeitsplätze muss der Arbeitgeber bei einer Verkleinerung der Fläche unter rechtlichen Gesichtspunkten daher nicht haben. Ratsam ist ein solches Konzept aber allemal.
// Soweit ein Betriebsrat besteht und der Arbeitgeber regelmäßig mehr als 20 Mitarbeitende beschäftigt, kann eine Flächenverkleinerung samt neuem Arbeitsplatzkonzept eine Betriebsänderung im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes sein, die zu einer Verhandlungspflicht über den Abschluss eines Interessenausgleichs und gegebenenfalls Sozialplans führt. Der Interessenausleich beschreibt das „Was, Wie und Wann“ einer Maßnahme. Der Sozialplan soll Regelungen zum Ausgleich oder zur Milderung wirtschaftlicher Nachteile (zum Beispiel wegen höherer Aufwendungen für Strom und Gas im Homeoffice) enthalten, die aus einer Betriebsänderung resultieren. Kann der Mitarbeitende allerdings wählen, wo er arbeiten möchte, können auszugleichende Nachteile nicht einfach so festgestellt werden. Die Mitarbeitenden müssten sich zum Beispiel anrechnen lassen, was sie durch die nicht erforderliche Bürofahrt bei der Homeoffice-Nutzung einsparen. Dennoch wird der Arbeitgeber den Mitarbeitenden in bestimmtem Umfang den Aufwand für die Homeoffice-Nutzung erstatten müssen. Der Gesetzgeber hat hier mit der als Werbungskosten absetzbaren steuerfreien „Homeoffice-Pauschale“ in Höhe von derzeit 6 Euro pro Tag einen gewissen Rahmen vorgegeben. Allgemeine Ersparnisse des Arbeitgebers aus der verkleinerten Mietfläche, reduzierten Kantinenzuschüssen oder geringerem Getränkebedarf im Büro können Aufwandsentschädigungen an die Mitarbeitenden für die Homeoffice-Nutzung kompensieren.
// Daneben hat ein Betriebsrat bei der Gestaltung der Arbeitswelten weitergehende Mitbestimmungsrechte. Dies gilt insbesondere bei der Einführung elektronischer Arbeitsplatzbuchungssysteme oder sonstiger Software, die die virtuelle Zusammenarbeit ermöglicht. Denn mit diesen Systemen lassen sich regelmäßig Leistung und/oder Verhalten der Mitarbeitenden überwachen. Gleichermaßen sind Fragen der Arbeitszeit- und Pausenverteilung sowie zu leistende Überstunden auch im Homeoffice und bei Mobile Work mitbestimmungspflichtig, selbst wenn der Mitarbeitende hier weitgehend eigenständig agieren können soll. Der Katalog der gesetzlichen Mitbestimmungstatbestände wurde zudem jüngst explizit um die Ausgestaltung von mobiler Arbeit, die mittels Informations- und Kommunikationstechnik erbracht wird, erweitert. Personelle Einzelmaßnahmen, wie der dauerhafte Rückruf eines Mitarbeitenden aus dem Homeoffice ins Büro, stellen zudem eine Versetzung dar, bei der der Betriebsrat ebenfalls beteiligt werden muss.
// Werden Homeoffice/Mobile Work freiwillig unternehmens- oder konzerneinheitlich angeboten, so begründet dies die Zuständigkeit des Gesamt- beziehungsweise Konzernbetriebsrats. Die Mitbestimmungsgremien sind gleichermaßen für die Einführung unternehmens- beziehungsweise konzernweiter elektronischer Systeme zuständig, auf die alle oder mehrere Standorte zugreifen können. Die Verhandlungen sind daher nur mit einem Gremium zu führen und nicht mit mehreren lokalen Betriebsräten.
// Themen des Daten- und Gesundheitsschutzes sowie versicherungsrechtliche und ausstattungsrelevante Fragen sind selbstverständlich ebenfalls zu klären.
Auch wenn die dauerhafte Umstellung auf verkleinerte Büroflächen und mehr Homeoffice/Mobile Work (arbeitsrechtlich) herausfordernd sein mag, ist sie doch ein lohnender Beitrag zum Schutz unserer Ressourcen. Dem sozialen Stellenwert des persönlichen Kontakts der Mitarbeitenden ist kreativ Rechnung zu tragen, indem zum Beispiel regelmäßige Teamtage mit sozialen Events gestaltet werden – in neuen Unternehmensräumlichkeiten mit Bar und Lounge, in die jeder gerne kommt.




